Grippe oder Erkältung: Woran erkenne ich den Unterschied?

Mit dem Beginn der kalten Jahreszeit stehen viele vor der Frage: Handelt es sich um eine harmlose Erkältung oder eine echte Grippe? Obwohl die Symptome sich ähneln, gibt es entscheidende Unterschiede, die für den weiteren Verlauf und die Behandlung von Bedeutung sind. Dieser Artikel erklärt, wie Sie einen grippalen Infekt von einer Influenza unterscheiden können und was die aktuelle Evidenz dazu sagt.

Was ist der Unterschied zwischen einer Grippe und einer Erkältung?

Wenn die Nase läuft, der Hals kratzt und der Kopf schmerzt, ist die Unsicherheit oft groß. Handelt es sich um eine Grippe oder Erkältung? Beide sind ansteckende Atemwegserkrankungen, die durch Viren verursacht werden, jedoch von unterschiedlichen Erregertypen. Während die echte Influenza ausschließlich durch Influenzaviren ausgelöst wird, kann ein grippaler Infekt, wie die Erkältung auch genannt wird, von über 200 verschiedenen Viren verursacht werden, am häufigsten von Rhinoviren [1]. Diese Vielfalt an Erkältungsviren ist auch der Grund, warum wir immer wieder daran erkranken können und keine langanhaltende Immunität aufbauen.

Diese Unterscheidung ist mehr als nur eine akademische Spitzfindigkeit. Eine echte Influenza ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die das gesamte Körpersystem betrifft und insbesondere bei älteren Menschen, chronisch Kranken, Schwangeren und auch bei Männern mit einem geschwächten Immunsystem zu schweren Komplikationen führen kann. Dazu gehören Lungenentzündungen, Herzmuskelentzündungen oder bakterielle Sekundärinfektionen, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen können [2]. Eine Erkältung hingegen beschränkt sich meist auf die oberen Atemwege und verläuft in der Regel harmlos. Die Relevanz der Unterscheidung liegt also in der korrekten Einschätzung des eigenen Gesundheitszustandes, der Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung und der Prävention durch Maßnahmen wie die jährliche Grippeimpfung.

Was zeigt die Evidenz?

Die wissenschaftliche Evidenz, gestützt auf systematische Übersichtsarbeiten und die Leitlinien von Gesundheitsbehörden wie dem Robert Koch-Institut (RKI) und den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), zeigt klare Muster zur Unterscheidung auf. Der entscheidendste Faktor ist der Krankheitsbeginn. Eine Influenza beginnt typischerweise abrupt und plötzlich, oft mit einem Gefühl, wie von einer Welle überrollt zu werden. Betroffene können häufig auf die Stunde genau sagen, wann die Krankheit sie „überfallen“ hat. Eine Erkältung hingegen entwickelt sich schleichend über mehrere Tage, oft beginnend mit einem leichten Kratzen im Hals, das sich langsam zu Schnupfen und Husten ausweitet [3].

Ein weiteres starkes Indiz ist das Fieber. Bei einer Influenza tritt häufig hohes Fieber (über 38,5°C) auf, das plötzlich einsetzt und mehrere Tage anhalten kann. Begleitet wird dies oft von Schüttelfrost. Ein grippaler Infekt verläuft meist ohne oder nur mit leicht erhöhter Temperatur. Starke, im ganzen Körper spürbare Muskel- und Gliederschmerzen (Myalgien), begleitet von intensiven Kopfschmerzen, sind ebenfalls charakteristisch für die Influenza. Diese systemischen Symptome sind eine direkte Folge der starken Immunreaktion des Körpers auf die Influenzaviren und fehlen bei einer Erkältung oft oder sind nur schwach ausgeprägt. Während bei einer Erkältung Schnupfen und eine verstopfte Nase im Vordergrund stehen, ist bei der Grippe oft ein trockener Reizhusten von Beginn an ein dominantes Symptom [4]. Eine Schlüsselstudie aus dem Jahr 2000, die klinische Symptome zur Vorhersage einer Influenza-Infektion untersuchte, kam zu dem Schluss, dass die Kombination aus Fieber und Husten die Wahrscheinlichkeit für eine Influenza-Diagnose signifikant erhöht und eine positive Vorhersagekraft von etwa 80% hat [5].

Allerdings gibt es eine erhebliche Überlappung der Symptome, und auch eine Grippe kann, insbesondere bei geimpften oder jüngeren Personen, milder und sogar ohne Fieber verlaufen. Die Symptomausprägung ist also ein Spektrum und keine absolute Grenze. Eine sichere Diagnose, ob es sich um eine Grippe oder Erkältung handelt, kann letztlich nur durch einen Arzt oder eine Ärztin, gegebenenfalls mit einem Labortest (z.B. einem PCR-Test), gestellt werden. Dies ist besonders für Risikopersonen und bei schweren Verläufen wichtig, da für die Influenza wirksame antivirale Medikamente zur Verfügung stehen, die den Krankheitsverlauf abmildern können, wenn sie frühzeitig eingenommen werden.

Praxisbox

  • Plötzlicher Beginn: Fühlen Sie sich schlagartig krank mit hohem Fieber und Gliederschmerzen, deutet dies stark auf eine Influenza hin.
  • Schleichender Verlauf: Entwickeln sich die Symptome langsam mit Schnupfen und leichtem Krankheitsgefühl, handelt es sich wahrscheinlich um einen grippalen Infekt.
  • Immunsystem stärken: Achten Sie gerade in der Erkältungszeit auf eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßiger Bewegung, um Ihr Immunsystem zu unterstützen. Dies gilt insbesondere für die Männergesundheit, da Männer Infekte manchmal auf die leichte Schulter nehmen.
  • Arztbesuch: Bei schweren Symptomen, Atemnot, Kreislaufproblemen oder wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören, sollten Sie umgehend ärztlichen Rat einholen.

Sicherheitsbox

  • Selbstmedikation: Nehmen Sie antivirale Medikamente nur nach ärztlicher Verordnung ein. Sie wirken spezifisch gegen Influenzaviren und sind bei einer Erkältung wirkungslos.
  • Antibiotika: Antibiotika sind gegen Viren machtlos und helfen weder bei Grippe noch bei Erkältung, es sei denn, es liegt eine nachgewiesene bakterielle Zweitinfektion vor.
  • Komplikationen: Achten Sie auf Warnzeichen wie Atemnot, Brustschmerzen, Verwirrtheit oder hohes, über Tage nicht sinkendes Fieber. Dies können Anzeichen für eine Lungenentzündung oder andere schwere Komplikationen sein, die sofort ärztlich behandelt werden müssen.
  • Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient der laienverständlichen Information und ersetzt keine ärztliche Diagnose oder Behandlung. Bei gesundheitlichen Beschwerden konsultieren Sie bitte immer einen Arzt oder eine Ärztin.

Fazit

Die Frage „Grippe oder Erkältung?“ lässt sich oft durch eine genaue Beobachtung von Symptomen und Verlauf beantworten: Ein plötzlicher, heftiger Beginn mit hohem Fieber und starkem Krankheitsgefühl spricht eher für Influenza, ein grippaler Infekt startet meist schleichend und milder. Diese Unterscheidung hilft, das eigene Verhalten anzupassen, von konsequenter Schonung bis zur rechtzeitigen ärztlichen Abklärung bei Warnzeichen (z. B. anhaltend hohes Fieber, Atemnot, starke Verschlechterung, Vorerkrankungen).

Noch wichtiger ist, sich präventiv und nachhaltig aufzustellen. Dazu gehören: ausreichend Schlaf, tägliche Bewegung und frische Luft, ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Stressreduktion und bewusste Pausen. Gute Hand- und Hustenhygiene, regelmäßiges Lüften und eine Raumluftfeuchte von etwa 40–60 % entlasten zudem die Atemwege. Wer krank ist, bleibt – sich und anderen zuliebe – zu Hause und achtet früh auf Regeneration (Wärme, Ruhe, viel trinken). Bewährte, sanfte Maßnahmen wie Inhalation mit Wasserdampf, warme Tees oder salzhaltige Nasenpflege können die Schleimhäute unterstützen.

Kurz: Wer seinen Alltag saisonbewusst gestaltet, eine kleine Hausapotheke bereithält und bei Bedarf frühzeitig medizinischen Rat einholt, reduziert die Anfälligkeit für Infekte – und stärkt langfristig die eigene Gesundheit.

Hinweis: Dieser Beitrag informiert und ersetzt keine medizinische Beratung oder Behandlung.

Quellen & Forschungsstand

  1. Eccles, R. (2005). Understanding the symptoms of the common cold and influenza. The Lancet Infectious Diseases, 5(11), 718–725. https://doi.org/10.1016/S1473-3099(05)70270-X – Diese Übersichtsarbeit fasst den Wissensstand zu den Mechanismen der Symptome von Erkältung und Grippe zusammen und ist eine der meistzitierten Quellen zu diesem Thema.
  2. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). (2024). Cold Versus Flu. https://www.cdc.gov/flu/about/coldflu.htm – Die US-Gesundheitsbehörde CDC stellt hier klare, evidenzbasierte Informationen für die Öffentlichkeit zur Verfügung, um Grippe von Erkältungen zu unterscheiden.
  3. Stiftung Gesundheitswissen. (2022). Was ist der Unterschied zwischen Grippe und Erkältung? https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/erkaeltung-und-grippe/unterschied – Eine deutsche, laienverständliche Aufbereitung des Themas, die auf aktuellen wissenschaftlichen Quellen basiert.
  4. Robert Koch-Institut (RKI). Häufig gestellte Fragen und Antworten zur Grippe (Influenza). https://www.rki.de/SharedDocs/FAQs/DE/Influenza/FAQ_Liste.html – Die offizielle deutsche Behörde für Infektionskrankheiten bietet detaillierte Informationen und Empfehlungen zur Influenza.
  5. Monto, A. S., Gravenstein, S., Elliott, M., Colopy, M., & Schweinle, J. (2000). Clinical signs and symptoms predicting influenza infection. Archives of internal medicine, 160(21), 3243–3247. https://doi.org/10.1001/archinte.160.21.3243 – Eine Schlüsselstudie zur Vorhersagekraft klinischer Symptome für eine Influenza-Infektion.