Weltschlaganfalltag: Die wichtigsten Risikofaktoren kennen und handeln

Anlässlich des Weltschlaganfalltags am 29. Oktober rückt die Prävention einer der weltweit häufigsten Ursachen für Tod und schwere Behinderung in den Fokus. Die gute Nachricht ist: Ein Großteil der Schlaganfälle wäre vermeidbar. Die größten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen und Diabetes sind durch einen bewussten Lebensstil und medizinische Behandlung gut kontrollierbar.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall, medizinisch als apoplektischer Insult bezeichnet, ist eine plötzlich auftretende („schlagartige“) Erkrankung des Gehirns. Man unterscheidet zwei Hauptformen: den ischämischen Schlaganfall und den hämorrhagischen Schlaganfall. Bei der ischämischen Form, die etwa 85 Prozent der Fälle ausmacht, wird ein Blutgefäß im Gehirn durch ein Gerinnsel blockiert. Dadurch werden die nachgeschalteten Gehirnzellen nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und sterben ab. Beim selteneren hämorrhagischen Schlaganfall platzt ein Gefäß, was zu einer Hirnblutung führt. Der austretende Blutstrom schädigt das umliegende Gewebe durch Druck und toxische Abbauprodukte. In Deutschland erleiden jährlich rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Er ist die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter, was seine enorme medizinische und gesellschaftliche Relevanz unterstreicht.

Was zeigt die Evidenz?

Die moderne Forschung, gestützt auf große Beobachtungsstudien und randomisierte kontrollierte Studien, hat ein klares Bild der Hauptrisikofaktoren gezeichnet. Aktuelle Leitlinien, wie die der American Heart Association/American Stroke Association von 2024, bestätigen, dass über die Hälfte aller Schlaganfälle durch die Kontrolle weniger modifizierbarer Risikofaktoren verhindert werden könnte [1].

Der mit Abstand bedeutendste Risikofaktor ist der Bluthochdruck (arterielle Hypertonie). Die großangelegte INTERSTROKE-Studie zeigte, dass Bluthochdruck für fast die Hälfte des gesamten Schlaganfallrisikos in der Bevölkerung verantwortlich ist [2]. Die Beziehung ist dabei linear: Je höher der Blutdruck, desto höher das Risiko. Die Behandlung von Bluthochdruck, sei es durch Lebensstiländerungen oder Medikamente, ist die effektivste Einzelmaßnahme zur Prävention. Oft ist die Kombination mehrerer Medikamente notwendig, um die Zielwerte zu erreichen [1].

An zweiter Stelle steht das Rauchen. Eine umfassende Meta-Analyse aus dem Jahr 2019 ergab, dass Raucher ein um über 60 Prozent erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zu Nichtrauchern haben [3]. Das Risiko steigt dabei mit der Anzahl der täglich gerauchten Zigaretten. Die positive Nachricht ist jedoch, dass das Risiko nach einem Rauchstopp signifikant sinkt und sich nach etwa fünf Jahren dem von Nichtrauchern annähert.

Diabetes mellitus ist ein weiterer wesentlicher, unabhängiger Risikofaktor. Die Erkrankung schädigt die Blutgefäße auf vielfältige Weise und begünstigt die Entstehung von Arteriosklerose (Gefäßverkalkung). Eine gute Blutzuckereinstellung ist daher ein wichtiger Baustein der Prävention, auch wenn der direkte Effekt auf die Schlaganfallrate in Studien weniger stark ausgeprägt ist als bei der Blutdrucksenkung. Die Kombination aus Diabetes und Rauchen potenziert das Risiko zusätzlich [4].

Weitere wichtige, durch den Lebensstil beeinflussbare Faktoren sind körperliche Inaktivität, eine ungesunde Ernährung und Fettstoffwechselstörungen. Systematische Übersichtsarbeiten zeigen, dass regelmäßige Bewegung und eine mediterrane Ernährungsweise, reich an Obst, Gemüse, Nüssen und Olivenöl, das Schlaganfallrisiko deutlich senken können [1, 2]. Diese Maßnahmen wirken sich positiv auf Blutdruck, Blutzucker, Gewicht und Blutfette aus und tragen so zu einer umfassenden Herzgesundheit bei. Das diesjährige Leitmotiv „Mentale Stärke & Gesunder Herbst“ unterstreicht die Bedeutung, den Herbst als Anlass für einen gesunden Neustart zu nutzen und durch bewusste Selbstfürsorge die eigene Gesundheit aktiv zu gestalten.

Praxisbox: Schlaganfall-Risiko aktiv senken

  • Blutdruck im Blick: Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig ärztlich kontrollieren oder messen Sie selbst. Zielwerte sollten konsequent eingehalten werden, auch wenn dies mehrere Medikamente erfordert.
  • Rauchfrei leben: Der konsequente Verzicht auf das Rauchen ist eine der wirksamsten Präventionsmaßnahmen. Holen Sie sich bei Bedarf professionelle Unterstützung für den Ausstieg.
  • Gesund essen und bewegen: Integrieren Sie regelmäßige Ausdauerbewegung (z.B. 30 Minuten flottes Gehen an 5 Tagen pro Woche) und eine mediterrane Ernährung in Ihren Alltag.
  • Grunderkrankungen managen: Achten Sie bei bestehendem Diabetes mellitus auf eine gute Blutzuckereinstellung und lassen Sie Ihre Blutfettwerte regelmäßig überprüfen und behandeln.

Sicherheitsbox: Wichtige Hinweise

  • Beginnen Sie keine medikamentöse Behandlung oder gravierende Lebensstiländerung (insbesondere bei Vorerkrankungen) ohne vorherige ärztliche Absprache.
  • Nahrungsergänzungsmittel können eine ausgewogene Ernährung und eine leitliniengerechte medikamentöse Therapie nicht ersetzen.
  • Plötzliche Symptome wie ein herabhängender Mundwinkel, einseitige Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen können auf einen Schlaganfall hindeuten. Zögern Sie nicht und wählen Sie sofort den Notruf 112.
  • Dieser Artikel dient ausschließlich der Information und ersetzt in keinem Fall eine individuelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung durch einen qualifizierten Arzt.

Fazit

Der Weltschlaganfalltag erinnert uns daran, dass ein Schlaganfall kein unabwendbares Schicksal ist. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt klar, dass ein gesunder Lebensstil und die konsequente Behandlung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Rauchen und Diabetes das persönliche Risiko drastisch reduzieren können. Jeder Einzelne hat die Möglichkeit, durch bewusste Entscheidungen einen entscheidenden Beitrag zur eigenen Herz- und Gehirngesundheit zu leisten. Die Prävention ist kein Ersatz für die Akutmedizin, aber sie ist die wirksamste Strategie, um die verheerenden Folgen eines Schlaganfalls von vornherein zu verhindern.

Hinweis: Dieser Beitrag informiert und ersetzt keine medizinische Beratung oder Behandlung.

Quellen & Forschungsstand

  1. Bushnell, C. et al. (2024). 2024 Guideline for the Primary Prevention of Stroke. Stroke. Diese umfassende Leitlinie der führenden amerikanischen Fachgesellschaften fasst die aktuelle Evidenz zur Primärprävention zusammen und gibt klare Handlungsempfehlungen. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/STR.0000000000000475
  2. Boehme, A. K. et al. (2017). Stroke Risk Factors, Genetics, and Prevention. Circulation Research. Ein vielzitierter Übersichtsartikel, der die Bedeutung der modifizierbaren Risikofaktoren, insbesondere des Bluthochdrucks, auf Basis großer Studien wie INTERSTROKE detailliert darlegt. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5321635/
  3. Pan, B. et al. (2019). The relationship between smoking and stroke: a meta-analysis. Medicine. Diese Meta-Analyse quantifiziert das erhöhte Schlaganfallrisiko für Raucher und belegt den dosisabhängigen Zusammenhang. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6708836/
  4. Diener, H. C. & Gerloff, C. (2020). Primärprävention des Schlaganfalls. Nervenheilkunde. Ein deutscher Übersichtsartikel von führenden Experten, der die Evidenz und die populationsbezogene Relevanz der Risikofaktoren für Deutschland einordnet. https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-1231-1278.pdf