Was ist ein Brustkrebs-Risiko?
Wenn in der Medizin von einem „Risiko“ gesprochen wird, ist damit eine statistische Wahrscheinlichkeit gemeint, mit der eine Person über einen bestimmten Zeitraum eine Erkrankung entwickelt. Ein erhöhtes Brustkrebs-Risiko bedeutet also nicht, dass eine Frau zwangsläufig erkranken wird, sondern dass die Wahrscheinlichkeit dafür im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung höher ist. Das Lebenszeitrisiko für Frauen in Deutschland, an Brustkrebs zu erkranken, liegt bei etwa 12 Prozent – das bedeutet, etwa eine von acht Frauen ist im Laufe ihres Lebens betroffen. Dieses Risiko wird von einer Vielzahl sogenannter Risikofaktoren beeinflusst. Man unterscheidet dabei zwischen Faktoren, die nicht veränderbar sind, wie das Alter und die genetische Veranlagung, und solchen, die durch den eigenen Lebensstil beeinflusst werden können.
Was zeigt die Evidenz?
Die wissenschaftliche Evidenz zu den Risikofaktoren für Brustkrebs ist heute sehr robust und basiert auf hochwertigen Studien wie systematischen Reviews und Meta-Analysen. Diese zeigen, dass das Risiko ein komplexes Zusammenspiel aus Genen, Umwelt und Lebensstil ist.
Ein zentraler, nicht veränderbarer Risikofaktor ist die familiäre Vorbelastung. Insbesondere Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 können das Brustkrebsrisiko drastisch erhöhen. Frauen mit einer solchen Genveränderung haben ein Lebenszeitrisiko von bis zu 85 Prozent, an Brustkrebs zu erkranken. Ein Gen-Test kann hier Klarheit bringen, wird aber von Fachgesellschaften wie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) nur bei bestimmten Familienkonstellationen empfohlen, etwa wenn mehrere Frauen in der Familie erkrankt sind oder eine Frau in sehr jungem Alter die Diagnose erhielt. Doch auch ohne eine solche bekannte Genmutation erhöht eine Familiengeschichte von Brustkrebs das Risiko. Weitere nicht beeinflussbare Faktoren sind ein höheres Alter, eine frühe erste Regelblutung, späte Wechseljahre und eine hohe Brustdichte, wie sie im Rahmen einer Mammographie festgestellt wird.
Die gute Nachricht ist jedoch, dass ein erheblicher Teil des Risikos durch beeinflussbare Faktoren bestimmt wird. Eine große Umbrella-Review von 2024, die hunderte Meta-Analysen zusammenfasste, lieferte überzeugende (convincing) Evidenz für mehrere Lebensstilfaktoren. So erhöhen Übergewicht und Gewichtszunahme, besonders nach den Wechseljahren, sowie regelmäßiger Alkoholkonsum das Risiko nachweislich. Umgekehrt wirken eine ballaststoffreiche Ernährung und moderate bis intensive körperliche Aktivität schützend. Fachleute gehen davon aus, dass durch einen gesunden Lebensstil etwa ein Drittel der Brustkrebserkrankungen bei Frauen nach den Wechseljahren vermieden werden könnte. Dies unterstreicht die Bedeutung von Eigenverantwortung und Prävention. Der „Gesunde Herbst“, ein Leitmotiv dieses Monats, kann ein wunderbarer Anlass sein, neue Routinen zu etablieren – sei es durch regelmäßige Spaziergänge im bunten Laub oder durch eine Ernährungsumstellung mit saisonalem Gemüse. Solche Veränderungen stärken nicht nur den Körper, sondern fördern auch die mentale Stärke im Umgang mit der eigenen Gesundheit.
Praxisbox
- Bewegen Sie sich regelmäßig: Streben Sie 3 bis 5 Stunden pro Woche an, zum Beispiel durch zügiges Gehen, Radfahren oder Schwimmen.
- Achten Sie auf Ihr Gewicht: Halten Sie ein gesundes Körpergewicht, insbesondere nach der Menopause, da Fettgewebe Östrogene produziert.
- Reduzieren Sie Alkohol: Trinken Sie Alkohol nur in Maßen, da er das Brustkrebsrisiko bereits in kleinen Mengen erhöht.
- Ernähren Sie sich ausgewogen: Eine pflanzenbasierte Ernährung mit viel Gemüse, Obst und Ballaststoffen kann Ihr Risiko senken.
Sicherheitsbox
- Risikofaktoren sind keine Diagnose: Ein oder mehrere Risikofaktoren zu haben, bedeutet nicht, dass Sie an Brustkrebs erkranken werden.
- Sprechen Sie mit Ihrem Arzt: Besprechen Sie Ihr persönliches Risikoprofil und die für Sie passenden Vorsorgemaßnahmen in Ihrer gynäkologischen Praxis.
- Früherkennung ist entscheidend: Nehmen Sie die gesetzlichen Angebote zur Brustkrebsvorsorge wie die jährliche Tastuntersuchung ab 30 und das Brustkrebs-Screening (Mammographie) wahr, das in Deutschland seit Juli 2024 für Frauen zwischen 50 und 75 Jahren empfohlen wird.
- Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine ärztliche Beratung. Bei gesundheitlichen Beschwerden konsultieren Sie bitte immer einen Arzt.
Fazit
Das persönliche Brustkrebs-Risiko ist ein komplexes Mosaik aus unveränderbaren und beeinflussbaren Teilen. Während wir unsere Gene und unser Alter nicht ändern können, haben wir auf etwa ein Drittel der Risikofaktoren aktiv Einfluss. Das Wissen um diese Zusammenhänge ist der erste Schritt zur Prävention und gibt Frauen die Möglichkeit, durch einen bewussten Lebensstil ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen. Dies ersetzt jedoch keinesfalls die Notwendigkeit der regelmäßigen Früherkennung, die weiterhin der wichtigste Baustein im Kampf gegen den Brustkrebs bleibt.
Hinweis: Dieser Beitrag informiert und ersetzt keine medizinische Beratung oder Behandlung.
Quellen & Forschungsstand
- Yiallourou, A. et al. (2024). Non-genetic factors and breast cancer: an umbrella review of meta-analyses. BMC Cancer. Diese umfassende Übersichtsarbeit fasst die Evidenz zu nicht-genetischen Risikofaktoren zusammen und klassifiziert die Sicherheit der Erkenntnisse. https://doi.org/10.1186/s12885-024-12641-8
- Burke, A. et al. (2025). A systematic review of determinants of breast cancer risk among women with benign breast disease. npj Breast Cancer. Dieser systematische Review analysiert Risikofaktoren für Frauen, die bereits eine gutartige Brusterkrankung hatten, und bestätigt die Bedeutung von Alter, Familiengeschichte und Brustdichte. https://doi.org/10.1038/s41523-024-00703-w
- Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO). (2021). Brustkrebsrisiko und Prävention. Diese Leitlinie der deutschen Fachgesellschaft gibt klare Kriterien für die Indikation zur genetischen Testung bei familiärer Belastung. https://www.ago-online.de/fileadmin/ago-online/downloads/_leitlinien/kommission_mamma/2021/Einzeldateien/2021D_02_Brustkrebsrisiko_und_Praevention_MASTER_final_20210301.pdf
- Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ). (2022). Brustkrebs vorbeugen: So senken Sie Ihr Brustkrebsrisiko. Die Webseite fasst die AGO-Empfehlungen für einen präventiven Lebensstil laienverständlich zusammen. https://www.krebsinformationsdienst.de/brustkrebs/risikofaktoren
- National Cancer Institute (NCI). (2024). BRCA Gene Changes: Cancer Risk and Genetic Testing. Dieses Fact Sheet liefert aktuelle Zahlen zum Lebenszeitrisiko bei BRCA-Mutationen. https://www.cancer.gov/about-cancer/causes-prevention/genetics/brca-fact-sheet