Was ist Osteoporose?
Osteoporose, umgangssprachlich auch als Knochenschwund bezeichnet, ist eine weit verbreitete Skeletterkrankung. Sie ist gekennzeichnet durch eine abnehmende Knochenmasse und eine poröse, brüchige Knochenstruktur. Das Tückische daran: Der Prozess verläuft oft über Jahre hinweg unbemerkt und ohne Schmerzen. Die Folge ist ein deutlich erhöhtes Risiko für Knochenbrüche, sogenannte Fragilitätsfrakturen, die bereits bei geringfügigen Anlässen oder sogar spontan auftreten können. Besonders häufig sind Wirbelkörper-, hüftgelenksnahe und Handgelenksbrüche. Betroffen sind vor allem Frauen nach der Menopause und ältere Menschen beiderlei Geschlechts, was die Osteoporose zu einer der relevantesten Volkskrankheiten in unserer alternden Gesellschaft macht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Osteoporose anhand der Knochendichtemessung (DXA): Liegt der Messwert 2,5 Standardabweichungen oder mehr unter dem Durchschnittswert junger, gesunder Erwachsener, spricht man von Osteoporose.
Was zeigt die Evidenz?
Die moderne Forschung hat klare, evidenzbasierte Strategien zur Prävention und Behandlung von Osteoporose identifiziert. Die wissenschaftlichen Leitlinien, wie die aktuelle DVO-Leitlinie Osteoporose 2023, betonen einen multifaktoriellen Ansatz, der auf drei zentralen Säulen ruht: Bewegung, Ernährung und eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D.
Bewegung und Muskelkraft: Eine der wirksamsten Maßnahmen zur Stärkung der Knochen ist regelmäßige körperliche Aktivität. Systematische Übersichtsarbeiten und Metaanalysen belegen eindrücklich, dass insbesondere gewichtsbelastende Übungen (wie z.B. zügiges Gehen, Tanzen oder Treppensteigen) und gezieltes Krafttraining die Knochendichte erhöhen oder dem Abbau entgegenwirken können [1, 2]. Das Prinzip ist einfach: Der Knochen passt sich an mechanische Belastungen an und wird dadurch fester. Gleichzeitig stärkt das Training die Muskulatur, verbessert die Koordination und den Gleichgewichtssinn, was nachweislich das Risiko für Stürze – die Hauptursache für osteoporotische Brüche – senkt. Die DVO-Leitlinie empfiehlt daher explizit, regelmäßige, an den individuellen Zustand angepasste körperliche Aktivität zu fördern und Immobilisierung zu vermeiden [3].
Kalzium und Vitamin D: Diese beiden Nährstoffe sind für die Knochengesundheit unerlässlich. Kalzium ist der Hauptbaustein des Knochens, während Vitamin D für dessen Aufnahme aus dem Darm und die Einlagerung in das Skelett benötigt wird. Zahlreiche Studien und Leitlinien, darunter die des American College of Physicians (ACP), unterstreichen die Notwendigkeit einer adäquaten Zufuhr zur Frakturprävention bei Menschen mit niedrigem Knochenstatus [4]. Die DVO-Leitlinie empfiehlt eine tägliche Kalziumaufnahme von 1.000 mg, vorzugsweise über die Nahrung (z.B. Milchprodukte, grünes Gemüse, kalziumreiches Mineralwasser). Da eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung über die Nahrung kaum möglich ist und die körpereigene Produktion durch Sonnenlicht im Alter und in den Wintermonaten oft nicht ausreicht, wird häufig eine Supplementierung von 800-1.000 Internationalen Einheiten (I.E.) pro Tag empfohlen [3]. Eine neuere narrative Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2023, die 26 randomisiert-kontrollierte Studien analysierte, kam zu dem Schluss, dass die Kombination aus Kalzium und Vitamin D die Knochendichte (BMD) erhöhen kann, während Vitamin D allein diesen Effekt nicht zeigte [5]. Die Datenlage zur alleinigen Frakturprävention durch Supplemente ist jedoch nicht gänzlich einheitlich und wird weiterhin diskutiert, wobei die Kombinationstherapie die stärkste Evidenz aufweist.
Weitere Lebensstilfaktoren: Neben Bewegung und der Basisversorgung mit Kalzium und Vitamin D spielen auch andere Faktoren eine Rolle. So ist Rauchen ein etablierter Risikofaktor für Osteoporose. Ebenso sollte Untergewicht (ein Body-Mass-Index unter 20 kg/m²) vermieden werden, da ein gewisses Körpergewicht und Fettpolster auch einen mechanischen Schutz für die Knochen bieten. Eine ausreichende Proteinzufuhr ist ebenfalls wichtig, um dem altersbedingten Muskelabbau (Sarkopenie) entgegenzuwirken und so die Stabilität zu erhalten.
Praxisbox
- Aktiv werden: Integrieren Sie täglich 30 Minuten gewichtsbelastende Bewegung, wie zügiges Gehen, Nordic Walking oder Tanzen. Ergänzen Sie dies zwei- bis dreimal pro Woche durch gezieltes Krafttraining für Rumpf und Beine, z.B. mit leichten Hanteln oder dem eigenen Körpergewicht.
- Kalziumreich essen: Decken Sie Ihren Kalziumbedarf von ca. 1.000 mg täglich durch kalziumreiche Lebensmittel. Ein Glas Milch (200 ml) enthält bereits rund 240 mg, eine Scheibe Emmentaler (30 g) ca. 300 mg.
- Vitamin-D-Status prüfen: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihren Vitamin-D-Spiegel. Besonders in den Monaten von Oktober bis April kann eine Supplementierung von 800-1.000 I.E. pro Tag sinnvoll sein, um die Knochengesundheit zu unterstützen.
- Stolperfallen beseitigen: Reduzieren Sie Ihr Sturzrisiko, indem Sie lose Teppiche, schlechte Beleuchtung und andere Hindernisse in Ihrer Wohnung entfernen. Gutes Schuhwerk gibt zusätzlichen Halt.
Sicherheitsbox
- Trainingsbeginn ärztlich abklären: Personen mit bestehender Osteoporose oder anderen Vorerkrankungen sollten ein neues Trainingsprogramm nur nach ärztlicher Rücksprache beginnen. Übungen mit hohem Sturzrisiko oder starker Belastung der Wirbelsäule sind zu meiden.
- Kalzium-Überdosierung vermeiden: Eine übermäßige Kalziumzufuhr, insbesondere durch hochdosierte Präparate, kann bei manchen Menschen das Risiko für Nierensteine oder Herz-Kreislauf-Probleme erhöhen. Die Gesamtzufuhr aus Nahrung und Supplementen sollte 1.500 mg pro Tag nicht dauerhaft überschreiten.
- Vitamin-D-Spiegel kontrollieren: Eine unkontrollierte Einnahme sehr hoher Vitamin-D-Dosen über lange Zeit kann zu einer Überdosierung (Intoxikation) führen. Eine Supplementierung sollte daher idealerweise nach Messung des Blutspiegels und in ärztlicher Absprache erfolgen.
- Rechtlicher Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine ärztliche Beratung. Die Diagnose und Behandlung von Osteoporose gehören in die Hände von Fachleuten. Besprechen Sie alle Maßnahmen mit Ihrem Arzt oder Therapeuten.
Fazit
Osteoporose ist kein unabwendbares Schicksal. Eine knochengesunde Lebensweise, die auf den Säulen Bewegung und Ernährung basiert, ist die wirksamste und sicherste Methode, um dem Knochenschwund vorzubeugen und die Knochen bis ins hohe Alter stabil und widerstandsfähig zu halten. Die Basisversorgung mit Kalzium und Vitamin D bildet hierbei ein zentrales Fundament. Diese Maßnahmen stärken nicht nur die physische Struktur, sondern fördern auch die mentale Stärke und das Selbstvertrauen, den Herbst des Lebens aktiv und sicher zu gestalten. Sie sind eine wertvolle Ergänzung, aber kein Ersatz für eine eventuell notwendige medikamentöse Therapie bei bereits bestehender, fortgeschrittener Osteoporose.
Hinweis: Dieser Beitrag informiert und ersetzt keine medizinische Beratung oder Behandlung.
Quellen & Forschungsstand
- Benedetti, M. G., et al. (2018). The Effectiveness of Physical Exercise on Bone Density in Osteoporotic Patients. BioMed Research International. Diese systematische Übersichtsarbeit fasst die Evidenz zusammen, dass verschiedene Trainingsformen, insbesondere Kraft- und Belastungsübungen, die Knochendichte bei Osteoporose-Patienten verbessern können. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6323511/
- Hong, A. R., & Kim, S. W. (2018). Effects of Resistance Exercise on Bone Health. Endocrinology and Metabolism. Dieser Review-Artikel beleuchtet die positiven Effekte von Widerstandstraining auf die Knochengesundheit und dessen Rolle in der Prävention von Osteosarkopenie. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6279907/
- Dachverband Osteologie e.V. (2023). DVO Leitlinie Osteoporose 2023. Die wichtigste deutsche Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose, die evidenzbasierte Empfehlungen für die Praxis gibt. https://leitlinien.dv-osteologie.org/
- Qaseem, A., et al. (2023). Pharmacologic Treatment of Primary Osteoporosis or Low Bone Mass to Prevent Fractures in Adults: A Living Clinical Guideline From the American College of Physicians. Annals of Internal Medicine. Diese Leitlinie betont, dass eine adäquate Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr Teil jeder Frakturprävention sein sollte. https://www.acpjournals.org/doi/10.7326/M22-1034
- Voulgaridou, G., et al. (2023). Vitamin D and Calcium in Osteoporosis, and the Role of Bone Turnover Markers: A Narrative Review of Recent Data from RCTs. Diseases. Eine aktuelle Übersichtsarbeit, die zeigt, dass die Kombination von Kalzium und Vitamin D die Knochendichte verbessern kann. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9944083/