Was ist Channeling? Eine Einführung in die Kommunikation mit der geistigen Welt

Kann man Botschaften aus der geistigen Welt empfangen? In einer Zeit, in der viele Menschen nach tieferem Sinn und spiritueller Verbindung suchen, gewinnt das Channeling an Bedeutung. Es verspricht einen direkten Draht zu nicht-physischen Ebenen und wird oft im Kontext von Medialität und Spiritualität diskutiert. Doch was verbirgt sich wirklich hinter diesem faszinierenden Phänomen? Dieser Artikel bietet eine laienverständliche Einführung, beleuchtet den aktuellen Forschungsstand und gibt wichtige Hinweise für eine sichere Auseinandersetzung mit dem Thema, passend zum Monatsschwerpunkt Mentale Stärke & Gesunder Herbst.

Was ist Channeling?

Channeling, abgeleitet vom englischen Wort für „Kanal“, bezeichnet den Prozess, bei dem eine Person – das Medium oder der Channel – als Kanal für Informationen dient, die von einer Quelle außerhalb des eigenen Bewusstseins zu stammen scheinen. Diese Quellen werden oft als Geistige Welt, Jenseitskontakte, Engel, Geistführer oder höhere Bewusstseinsebenen beschrieben. Die übermittelten Botschaften können verbal, schriftlich, durch Bilder oder Gefühle empfangen werden. Historisch ist das Phänomen keineswegs neu; es findet sich in vielen Kulturen und Epochen, von den Orakeln der Antike über schamanische Traditionen bis hin zu den Propheten großer Weltreligionen. Im Westen erlebte das Konzept unter dem Begriff Spiritismus im 19. Jahrhundert eine Blüte und wurde in den 1970er-Jahren durch die New-Age-Bewegung als „Channeling“ popularisiert. Es ist eng verwandt mit Praktiken der Geistheilung und Ausdruck einer tiefen menschlichen Suche nach Medialität und Spiritualität.

Was zeigt die Evidenz?

Die wissenschaftliche Untersuchung des Channelings ist eine besondere Herausforderung. Die subjektive Natur der Erfahrung und die Schwierigkeit, die Herkunft der Informationen objektiv zu validieren, setzen der Forschung enge Grenzen. Dennoch gibt es interessante Ansätze. Eine qualitative Studie von Anastasia et al. (2020) analysierte den Inhalt von Botschaften, die von 13 Trance-Channels übermittelt wurden, und identifizierte wiederkehrende Themen wie Hinweise zur Weiterentwicklung der Forschung und philosophische Betrachtungen. Die Studie konzentrierte sich jedoch auf die Erfahrung der Teilnehmenden, ohne den Wahrheitsgehalt der Botschaften zu bewerten [1].

Andere Forschungsarbeiten grenzen Channeling klar von psychischen Störungen ab. Eine Untersuchung von Pederzoli et al. (2022) beschreibt Channeling als eine nicht-pathologische dissoziative Erfahrung, die sich deutlich von Krankheitsbildern wie der Dissoziativen Identitätsstörung unterscheidet. Die Autoren betonen, dass es trotz rigoroser Methoden wie dreifach-verblindeten Studien keine definitive wissenschaftliche Evidenz für die Existenz nicht-physischer Entitäten oder ein Überleben des Bewusstseins nach dem Tod gibt [2]. Neuere neurologische Forschungen, wie eine Einzelfallstudie mittels EEG von del Rosario-Gilabert et al. (2025), zeigen jedoch, dass der Channeling-Zustand messbare, einzigartige Gehirnaktivitätsmuster aufweist, die sich sowohl von reiner Vorstellungskraft als auch von normaler Wahrnehmung unterscheiden. Dies deutet darauf hin, dass Channeling ein eigenständiger mentaler Zustand ist, widerlegt aber nicht die Möglichkeit, dass es sich um ein komplexes, unbewusstes psychologisches Phänomen handelt [3]. Die Evidenz ist somit lückenhaft: Während neurophysiologische Besonderheiten messbar sind, bleibt der Beweis für eine externe Informationsquelle aus.

Praxisbox: Sicherer Einstieg ins Channeling

  • Mentale Stabilität prüfen: Eine stabile Psyche ist die Basis. Beginnen Sie nur, wenn Sie sich emotional und mental stark und gefestigt fühlen.
  • Klare Absicht setzen: Definieren Sie vorab, warum Sie channeln möchten. Eine positive und schützende Absicht hilft, den Fokus zu wahren.
  • Schutzritual etablieren: Visualisieren Sie ein schützendes Licht oder bitten Sie um Führung durch eine höhere Instanz Ihres Vertrauens.
  • Informationen kritisch prüfen: Betrachten Sie alle empfangenen Botschaften mit gesundem Menschenverstand und gleichen Sie sie mit Ihrem inneren Wissen ab.

Sicherheitsbox: Risiken und rechtliche Hinweise

  • Kontraindikationen: Bei psychischen Erkrankungen, insbesondere Psychosen, Schizophrenie oder schwerer emotionaler Instabilität, ist von Channeling dringend abzuraten.
  • Psychologische Risiken: Es besteht die Gefahr der Realitätsflucht, der Entwicklung einer Abhängigkeit oder der Überforderung durch ungelöste emotionale Inhalte.
  • Kein Therapieersatz: Channeling oder mediale Beratungen ersetzen keine ärztliche, psychotherapeutische oder heilpraktische Behandlung.
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Fazit

Channeling bleibt ein Phänomen im Spannungsfeld zwischen tiefem spirituellem Erleben und wissenschaftlicher Skepsis. Die Forschung deutet darauf hin, dass es sich um einen besonderen Bewusstseinszustand handelt, dessen Ursprung und Mechanismen jedoch ungeklärt sind. Für spirituell fortgeschrittene Menschen kann die Auseinandersetzung mit Channeling eine bereichernde Erfahrung sein, die zur persönlichen und spirituellen Entwicklung beiträgt. Wichtig ist dabei eine Haltung der Offenheit, gepaart mit kritischer Distanz und einem starken Fundament an mentaler Stärke. Channeling sollte als eine Ergänzung zum eigenen spirituellen Weg verstanden werden, nicht als Ersatz für eigenverantwortliches Denken und Handeln oder professionelle Hilfe in Lebenskrisen.

Hinweis: Dieser Beitrag informiert und ersetzt keine medizinische Beratung oder Behandlung.

Quellen & Forschungsstand

  1. Anastasia, J., Wahbeh, H., Delorme, A., & Okonsky, J. (2020). A qualitative exploratory analysis of channeled content. Explore (NY), 16(4), 231–236. Diese qualitative Studie analysiert die Inhalte von Channeling-Botschaften und kategorisiert sie thematisch, ohne ihren Wahrheitsgehalt zu bewerten. https://doi.org/10.1016/j.explore.2020.02.008
  2. Pederzoli, L., Tressoldi, P., & Wahbeh, H. (2022). Channeling: A Non-pathological Possession and Dissociative Identity Experience or Something Else? Cult Med Psychiatry, 46(2), 161–169. Der Artikel diskutiert Channeling als nicht-pathologisches Phänomen und grenzt es von psychischen Störungen ab, verweist aber auf die fehlende Evidenz für externe Informationsquellen. https://doi.org/10.1007/s11013-021-09730-9
  3. del Rosario-Gilabert, D., Vigué-Guix, I., et al. (2025). Unveiling the EEG signatures of extrasensory perception during spiritual experiences: A single-case study with a well-renowned channeler. EXPLORE, 21(2). Diese EEG-Einzelfallstudie zeigt, dass Channeling einen einzigartigen, messbaren Gehirnzustand darstellt, der sich von Imagination unterscheidet. https://doi.org/10.1016/j.explore.2025.103114
  4. Wikipedia-Autoren. (2023). Medium (Person). Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bietet einen umfassenden Überblick über die kulturelle und historische Verbreitung des Mediumismus. https://de.wikipedia.org/wiki/Medium_(Person)