Was sind Affirmationen?
Affirmationen sind kurze, positiv formulierte Sätze, die man sich wiederholt selbst sagt, um das eigene Denken und Fühlen zu beeinflussen. Sie sind ein Werkzeug aus dem Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, das darauf abzielt, negative Glaubenssätze durch positive zu ersetzen und so das Unterbewusstsein neu zu programmieren. Die Idee dahinter ist, dass unsere Gedanken unsere Realität formen und dass wir durch die bewusste Wahl unserer Gedanken unser Leben zum Positiven verändern können. Im Kontext der mentalen Gesundheit und des Stressmanagements werden Affirmationen oft als eine Methode zur Stärkung des Selbstwertgefühls und zur Förderung einer optimistischen Lebenseinstellung betrachtet. Sie sind eng verwandt mit Konzepten wie dem positiven Selbstgespräch und der Autosuggestion und finden auch in spirituellen Praktiken wie der Quantenheilung Anwendung.
Was zeigt die Evidenz?
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Affirmationen ist vielschichtig. Die Forschung basiert hauptsächlich auf der Selbstaffirmationstheorie, die besagt, dass Menschen das Bedürfnis haben, ein positives und integres Selbstbild aufrechtzuerhalten. Wenn dieses Selbstbild bedroht wird, können Affirmationen helfen, es zu stabilisieren, indem sie an die eigenen Kernwerte erinnern.
Neurowissenschaftliche Studien konnten zeigen, dass das Praktizieren von Affirmationen bestimmte Gehirnregionen aktiviert. Eine Studie von Cascio und Kollegen aus dem Jahr 2015 nutzte funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) und stellte fest, dass bei der Reflexion über persönliche Werte eine erhöhte Aktivität im medialen präfrontalen Kortex und im ventralen Striatum zu beobachten ist – Bereiche, die mit selbstbezogener Verarbeitung und Belohnung in Verbindung gebracht werden [1]. Dies deutet darauf hin, dass Affirmationen auf neuronaler Ebene eine Wirkung haben.
Weitere Studien belegen positive Effekte in verschiedenen Lebensbereichen. So konnte gezeigt werden, dass Affirmationen die Problemlösungsfähigkeit unter Stress verbessern, zu gesünderem Verhalten anregen und sogar die sportliche Leistung steigern können. Eine Untersuchung der PFH Göttingen aus dem Jahr 2024 zeigte, dass ein gezieltes Affirmations-Coaching die Fähigkeit zur Emotionsregulation und die emotionale Resilienz stärken kann [2].
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Die Forschung zeigt, dass die Wirkung von Affirmationen stark vom Selbstwertgefühl der Person abhängt. Eine vielzitierte Studie von Wood und Kollegen aus dem Jahr 2009 kam zu dem Ergebnis, dass positive Affirmationen bei Menschen mit hohem Selbstwertgefühl eine leicht positive Wirkung haben, sich bei Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl jedoch negativ auswirken können [3]. Bei letzteren können unrealistisch positive Aussagen einen inneren Konflikt auslösen und das negative Selbstbild sogar verstärken. Zudem ist die wissenschaftliche Evidenz insgesamt noch begrenzt. Viele Studien sind klein, von kurzer Dauer und ihre Ergebnisse nicht immer konsistent, wie ein Artikel auf wissenschaft.de kritisch anmerkt [4].
Praxisbox
- Formuliere realistisch und glaubwürdig: Statt „Ich bin vollkommen angstfrei“ versuche es mit „Ich lerne, mit meiner Angst umzugehen und werde jeden Tag mutiger“.
- Sei spezifisch: Anstelle von „Ich bin erfolgreich“ wähle eine konkrete Affirmation wie „Ich bin gut vorbereitet für meine Präsentation und werde sie selbstbewusst halten“.
- Verbinde dich mit deinen Werten: Wähle Affirmationen, die deine persönlichen Kernwerte widerspiegeln. Das verstärkt ihre Wirkung, wie die Selbstaffirmationstheorie nahelegt.
- Integriere sie in deinen Alltag: Wiederhole deine Affirmationen regelmäßig, am besten morgens nach dem Aufwachen und abends vor dem Schlafengehen. Schreibe sie auf und platziere sie an sichtbaren Orfen.
Sicherheitsbox
- Vorsicht bei niedrigem Selbstwertgefühl: Wenn du unter einem stark negativen Selbstbild oder Depressionen leidest, können pauschale positive Affirmationen nach hinten losgehen und deine Gefühle verschlimmern.
- Kein Ersatz für Therapie: Affirmationen können eine sinnvolle Ergänzung sein, ersetzen aber keine professionelle psychologische oder medizinische Behandlung bei ernsthaften psychischen Problemen.
- Realitätscheck bewahren: Affirmationen sind kein magisches Werkzeug, um die Realität zu verbiegen. Sie zielen darauf ab, deine innere Haltung zu verändern, nicht die äußeren Umstände direkt zu kontrollieren.
- Achte auf deine Gefühle: Wenn du merkst, dass dich eine Affirmation unter Druck setzt oder du dich schlechter fühlst, höre auf damit und wähle einen Satz, der sich besser und stimmiger anfühlt.
Fazit
Affirmationen können ein kraftvolles Instrument zur Förderung der mentalen Stärke und zur Kultivierung einer positiven inneren Haltung sein, besonders im Rahmen eines gesunden Herbstes, der zur Innenschau einlädt. Die wissenschaftliche Evidenz deutet darauf hin, dass sie, wenn sie richtig angewendet werden, positive Veränderungen im Gehirn und im Verhalten bewirken können. Sie sind jedoch kein Allheilmittel. Ein kritischer und bewusster Umgang ist entscheidend, insbesondere für Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl. Anstatt als Wundermittel sollten Affirmationen als das gesehen werden, was sie sind: eine unterstützende Übung auf dem Weg zu mehr Selbstakzeptanz und einem bewussteren Leben, die am besten in ein umfassenderes Konzept für mentales Wohlbefinden eingebettet ist.
Hinweis: Dieser Beitrag informiert und ersetzt keine medizinische Beratung oder Behandlung.
Quellen & Forschungsstand
Cascio, C. N., O’Donnell, M. B., Tinney, F. J., Lieberman, M. D., Taylor, S. E., Strecher, V. J., & Falk, E. B. (2016). Self-affirmation activates brain systems associated with self-related processing and reward and is reinforced by future orientation. Social Cognitive and Affective Neuroscience, 11(4), 621–629. https://doi.org/10.1093/scan/nsv136 Diese fMRT-Studie zeigt, dass Selbstaffirmation neuronale Belohnungs- und Selbstverarbeitungssysteme aktiviert, was eine neurobiologische Grundlage für ihre Wirkung liefert.
Fischer, E., Mühlberger, C., Weber, J., Jonas, E. M., Kuhl, J., & Quirin, M. (2024). Personal Growth: Strengthening Emotion Regulation Ability via Affirmation Coaching. Europe’s Journal of Psychology, 19(4), 462–478. https://www.pfh.de/blog/pressemitteilungen/studie-der-pfh-zur-wirksamkeit-von-affirmationen Eine aktuelle deutsche Studie, die belegt, dass Affirmations-Coaching die emotionale Resilienz und die Fähigkeit zur Emotionsregulation signifikant verbessern kann.
Wood, J. V., Perunovic, W. Q. E., & Lee, J. W. (2009). Positive self-statements: Power for some, peril for others. Psychological Science, 20(7), 860–866. https://doi.org/10.1111/j.1467-9280.2009.02370.x Diese wegweisende Studie zeigt die potenziellen negativen Effekte von positiven Affirmationen bei Menschen mit niedrigem Selbstwertgefühl auf und mahnt zur Vorsicht.
Wissenschaft.de (2024, 21. Juni). Die Wissenschaft hinter positiven Affirmationen. https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/die-wissenschaft-hinter-positiven-affirmationen/ Ein kritischer Überblick über den Forschungsstand, der die Grenzen der Evidenz und die Kurzfristigkeit vieler Studienergebnisse beleuchtet.
Sherman, D. K., & Cohen, G. L. (2006). The Psychology of Self-defense: Self-Affirmation Theory. Advances in Experimental Social Psychology, 38, 183-242. https://doi.org/10.1016/S0065-2601(06)38004-5 Ein umfassender Überblick über die Selbstaffirmationstheorie, die das theoretische Fundament für die Wirkungsweise von Affirmationen bildet.